HRC-RADURLAUB 2017 in MONTENEGRO
(24. Juni – 1. Juli 2017)
Nachdem der HRC-Wolfsberg in den letzten Jahren seine Radurlaubswoche vor allem in klassischen Radsportländern wie Frankreich, Italien oder Belgien verbracht hatte, wurde 2017 mit Montenegro ein Ziel gewählt, das radsportlich völliges Neuland bedeutete. In Montenegro, das erst seit 2006 ein eigener Staat ist, leben auf 13.812 km2 etwa 620.000 Menschen. Da es eine Konzentration der Bevölkerung auf einige größere Städte wie der Hauptstadt Podgorica (186.000 Einwohner) oder Nikšić (73.000) und auf touristische Zentren an der Adriaküste gibt, ist ein großer Teil Montenegros sehr dünn besiedelt und durch ein geringes Verkehrsaufkommen für Radler bestens geeignet. Die einzelnen Etappen hatte unser Obmann Franz Britzmann in akribischer Detailarbeit zusammengestellt; in Absprache mit Gilbert Gaber (Gaber-Reisen Maria Rojach) gelang es, in den Etappenorten gute Quartiere zu finden, in denen auch für unsere kulinarischen Bedürfnisse bestens gesorgt wurde.
Die Reise im bequemen Gaber-Bus führte am ersten Tag (Samstag, 24. Juni 2017) in den zwischen Split und Dubrovnik gelegenen kroatischen Badeort Gradac.
Die Weiterreise am folgenden Tag von Kroatien über Bosnien-Herzegowina nach Montenegro führte uns deutlich vor Augen, wie beschwerlich und geradezu schikanös Grenzkontrollen sein können (und wie sehr wir es inzwischen als selbstverständlich empfinden, Grenzen innerhalb der EU bzw. des Schengen-Raumes problemlos passieren zu können). War schon die Einreise nach Bosnien-Herzegowina zeitraubend, erlebten wir bei der Ausreise über Trebinje nach Montenegro an der bosnischen Grenzstation ein Schauspiel, das allen unvergesslich bleiben wird: wir glaubten zu träumen, als die Bosnier einige Euros und zwei Flaschen Bier als Preis dafür nannten, ihr Land verlassen zu dürfen!
Problemlos verlief dann die Fahrt ins montenegrinische Nikšić, von wo aus es mit den Rädern nach Žabljak
ging, ein auf 1450m gelegenes Wintersportzentrum, das sich aber auch im Sommer als Ausgangspunkt für Wanderungen und Ausflüge in die umliegenden Berge und den Durmitor-Nationalpark großer Beliebtheit erfreut. Dieser ist 390 Quadratkilometer groß und seit 1980 Teil des UNESCO-Weltnaturerbes. Da der folgende Tag mit Regen begann, ergab sich am Morgen die Gelegenheit, einen kleinen Fußmarsch zum Crno Jezero (Schwarzer See)
zu unternehmen, in dem sich die umliegenden Berge spiegeln; laute Rufe wurden mit einem eindrucksvollen Echo belohnt. Die schnelle Wetterbesserung erlaubte uns, am geplanten Radprogramm festzuhalten. Mit Žabljak als Start- und Zielort wurde die Rundfahrt durch den Durmitor-Nationalpark zum landschaftlichen Höhepunkt der Montenegro-Reise. Auf schmalen, aber asphaltierten Straßen ging es auf eine Höhe knapp unter 2.000m, es folgten rasante Abfahrten und steile Anstiege in tiefen Wäldern, und sobald man diese verlassen hatte, befand man sich auf einer Hochebene mit Wiesen, soweit das Auge reichte, ehe sich mit dem nächsten Anstieg wieder schroffe Felsformationen zeigten. Die auf Radurlauben häufig zu hörende Absicht, endlich einmal öfter zu fotografieren, hier wurde sie von vielen tatsächlich umgesetzt, und tief beeindruckt von dieser Landschaft waren alle.
Noch mehr erlebten diejenigen, die sich für eine Verlängerung der Etappe bis ins Grenzgebiet entschieden – was ohne Personaldokumente zu Komplikationen führen kann, die aber alle gemeistert wurden. Da Hans Peter und Georg erst spät zur langen Runde von über 140km aufgebrochen waren, schafften sie die Rückkehr ins Hotel gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit.
Am Dienstag führte die Etappe von Žabljak nach Kolašin, vorbei an der Tara-Schlucht, die mit 78km Länge und einer Tiefe von bis zu 1300m sogar noch die Verdon-Schlucht übertrifft, die wir im Vorjahr beim Radurlaub in die französischen Alpen bestaunt hatten. Die meisten begnügten sich mit einem Stopp bei der Tarabrücke und einigen Blicken in die Tiefe; als dann an Hans Peters Hinterrad eine Speiche riss, stand ohnehin die Beseitigung des Defekts im Vordergrund. Wer sich wie Resi mehr Zeit nahm und ein paar Schritte zu Fuß ging, konnte freilich die großartige Szenerie der Schlucht intensiver genießen. Unsere Unterkunft in Kolašin verblüffte mit dem Luxus eines 25m-Hallenbades und einem Ambiente, das in starkem Kontrast zu den im Durchschnitt eher ärmlichen Häusern dieses Ortes stand, welcher im Zweiten Weltkrieg mehrfach dem Erdboden gleichgemacht worden war. An diese Vergangenheit erinnern zahlreiche Büsten von Gefallenen im Zentrum der Stadt. Und in einer Seitengasse entdeckten wir, inmitten von zum Teil nicht mehr bewohnten, desolaten Häusern, ein renoviertes Gebäude, in dem sich die Filiale einer österreichischen Bank befindet.
Die lange Etappe am Mittwoch von Kolašin ans Meer nach Bar nötigte uns in der Umgebung von Podgorica, der Hauptstadt Montenegros, zu einigen Kilometern auf stark befahrenen Straßen, doch davor und danach radelten wir auf einsamen Bergstraßen dahin, bewältigten nicht wenige Höhenmeter und überwanden schiebend auch einige Schotterpassagen.
Wie Gerald auf den Asphaltabschnitten fünf Reifenschäden zustande brachte, schien rätselhaft zu sein, bis die Lösung gefunden wurde, das Felgenband umzudrehen. Bis es soweit war, gab es reichlich Gelegenheit, die große Solidarität der HRC-Mannschaft zu erleben – wobei sich insbesondere Walter und Helmuth, die sogar 8km einen Berg hinauffuhren, um zu helfen, sowie Herbert und Franz in rührender Weise um den Pechvogel kümmerten. Dieser kam nach dem fünften Reifenschaden, als alle Reserveschläuche aufgebraucht waren, sogar in den Genuss einer motorisierten Fahrt: Roland aus Ingolstadt, zufällig mit seinem Motorrad auch auf dieser Bergstraße unterwegs, hatte auf dem Soziussitz einen Platz frei. Roland sei ebenso herzlich gedankt wie jenem anonym gebliebenen Einheimischen, der das Rad in seinem Auto die letzten 10km den Berg hinunter transportierte (worüber auch Franz froh war, der bis dahin eine Übungseinheit in der Kunst des Bergabfahrens mit zwei Rädern nebeneinander praktiziert hatte). So endete auch dieser Tag, der den Beteiligten wohl unvergesslich bleiben wird, mit einem Abend, an dem gefeiert werden konnte. Und auch das wenige Meter vom Hotel entfernte Meer lud zur Entspannung ein.
Am Donnerstag stand eine Fahrt von Bar hinauf zum Skadarsko jezero (Skutari-See) auf dem Programm, durch den die Grenze zu Albanien verläuft. Alte Olivenbäume, Schildkröten am Straßenrand und Hunde, die herausfinden wollten, ob Radler als Beute in Frage kommen, säumten den Weg. Auch an diesem Tag hatte man wieder die Wahl zwischen zwei Routen: Die längere Strecke führte den See entlang; wenn man auf der Anhöhe umdrehte und in Richtung Ulcinj radelte, war man bald auf der Küstenstraße zurück nach Bar.
Freitags machte sich die „Elitegruppe“ per Rad schon früh auf den Weg nach Kotor,
die anderen konnten zunächst im Bus die Aussicht auf das Meer und insbesondere Sveti Stefan, eine kleine, durch einen Damm mit dem Festland verbundene Insel, genießen. Dann, knapp vor Budva, wurde es auch für sie Zeit, auf die Räder umzusteigen. Belohnt wurden alle zum Abschluss mit der herrlich gelegenen Bucht von Kotor. Dort wartete bereits der Bus, und mit diesem ging es zurück nach Gradac, von wo aus am nächsten Tag die Heimreise angetreten wurde.
Montenegro war in jeder Hinsicht eine Reise wert: Eine Landschaft von überwältigender Schönheit, überaus freundliche und hilfsbereite Menschen vor allem im Landesinneren und radsportliche Herausforderungen. Wer Kraft und Lust dafür hatte, konnte eine scharfe Trainingswoche mit ca. 700 Kilometern und 12.400 Höhenmetern bewältigen; aber auch diejenigen, die sich für etwas kürzere Routen entschieden, hatten 540 Kilometer und fast 8.500 Höhenmeter in den Beinen. Ohne die perfekte Vorbereitung und Organisation, für die Franz Britzmann und Gilbert Gaber großer Dank gebührt, wäre das alles nicht möglich gewesen. Alles freilich ist nicht planbar und in manchen Situationen half die Aufmerksamkeit von Kollegen – beispielsweise, wenn einer seine Bankomatkarte liegen ließ und ein anderer gleich die ganze Geldtasche. Während dieser Woche in Montenegro zeigte sich jedenfalls, dass Radsport auch ein Mannschaftssport ist: Freundschaftlicher Zusammenhalt, Hilfeleistungen, wo immer sie nötig waren, und gemeinsames Feiern in bester Laune – das HRC-Team erwies sich in dieser Hinsicht wieder einmal als unschlagbar!
Wie immer nach solchen Reisen gäbe es natürlich noch viel mehr zu erzählen – mehr erfahren kann man bei denen, die dabei waren:
Auernig Hans Peter, Breithuber Burkhard, Britzmann Christoph, Britzmann Franz, Britzmann Ingrid, Fediuk Herbert, Fellner Hans, Froschauer Bettina, Froschauer Roland, Kopanz Ernst, Mitsche Georg, Sarnig Alexander, Sarnig Sepp, Schurian Resi, Sokoll Helmuth, Weber Walter und Gerald Angermann